Samstag, 29. Oktober 2011

Osterzeit im Vatikan

Im Folgenden veröffentliche ich den "Osterblog", als Teil einer Blogreihe eines Kameraden über die wichtigsten Ereignisse im Leben eines Schweizergardisten, die unregelmässig in der Obwalden und Nidwalden Zeitung (ONZ) erscheinen. Seiner Bitte, ausnahmsweise die Osterzeit zu übernehmen, bin ich gerne nachgekommen.
http://www.onz.ch/artikel/106890/
am 29. April 2011

Die Osterzeit ist der Höhepunkt des Kirchenjahres; über diese Tage schien das Weltliche still zu stehen – alle Läden im Vatikan waren geschlossen – und der Tagesablauf des Klerus so wie derjenige der Verstellmannschaften der Schweizergarde richtete sich nach den zahlreichen Messen und Liturgien zwischen Hohem Donnerstag und Ostersonntag. Da der reguläre Dienstbetrieb aufrechterhalten werden musste, erfüllte die Freimannschaft die zusätzlichen Ehren- und Ordnungsdienste.

Am Karsamstag, an dem liturgisch gesehen alles ruht, liefen die Vorbereitungen für die österlichen Messen auf Hochtouren. Gärtner verwandelten den Petersplatz in einen frühlingshaften Garten. Um 21:00 Uhr begann die Osternachtsmesse in der zunächst dunklen Petersbasilika (der Aufforderung, den Kamerablitz nicht zu gebrauchen, wurde wie üblich nur sehr widerwillig gefolgt). Dem fundamentalen Glaubensinhalt der Auferstehung wurde in einer fast dreieinhalb stündigen Zeremonie Ausdruck verliehen. Alle Messen wurden, mit Ausnahme der italienischen Predigten, in der Universalsprache Latein gehalten, für die dieser Sprache Unkundigen wurden Büchlein mit der italienischen Übersetzung verteilt, wo jedes Umblättern von uns Gardisten mit Erleichterung festgestellt wurde.
Die Messe am Ostersonntag mit dem anschliessenden Urbi et Orbi-Segen wurde von gut 50'000 Personen mitverfolgt, nebst einer weltweiten Live-Übertragung. Dementsprechend kamen nur der metallene Helm mit rotem Federbusch, frische Kragen, tiptop saubere Schuhe und die weissesten Handschuhe zum Einsatz. Schon zwei Stunden vor Öffnung der Tore standen die ersten an, und so gab es in besagtem Moment kein Halten mehr, auch nicht für Ordensschwestern oder gestandene Priester. Während in den nächsten zwei Stunden der Zustrom ununterbrochen anhielt, herrschte auf dem Petersplatz eine unbeschreibliche Atmosphäre. In diesem Umfeld Dienst leisten zu dürfen entschädigte die langen Wartezeiten und das anstrengende Aufrechtstehen um ein Vielfaches. Bei Krisen half es auch immer, an den Hl. Vater zu denken: Für einen 84-jährigen Mann waren diese Verpflichtungen eine grosse Strapaze, und sein Wille zur Pflichterfüllung und sein Arbeitseinsatz darf uns Gardisten sicherlich als Vorbild dienen.

Gleichwohl nimmt er sich jetzt eine einwöchige Auszeit in seiner Sommerresidenz in Castel Gandolfo, wo er sich auf den nächsten Grossanlass am 1. Mai, die Seligsprechung von Johannes Paul II., vorbereitet.